Als Teil Europas und des Orients verfügt die Türkei über eine sehr reiche Kultur. Bei einer Geschäftstätigkeit in der Türkei gibt es vor dem Hintergrund der türkischen Kultur einiges zu beachten.
Als Teil Europas und des Orients verfügt die Türkei über eine sehr reiche Kultur. Gerade in Istanbul, der Stadt auf zwei Kontinenten wird der kulturelle Schmelztiegel westlicher und orientalischer Einflüsse deutlich erfahrbar. Obwohl sich das Land politisch und kulturell seit Jahren sehr stark westlich orientiert und ein beliebtes Ziel für Reisen und Urlaube ist, wirkt es auf manche Europäer aufgrund mancher kulturellen Unterschiede eher fremd. Doch bei näherer Betrachtung ist die kulturelle Distanz geringer als gedacht!
Insbesondere die hohe Machtdistanz kann als ein zentraler Aspekt der türkischen Kultur angesehen werden. Anhand des Modells der fünf Kulturdimensionen nach Hofstede (2009) und statistischer Daten werden weitere wichtige kulturelle Besonderheiten der Türkei erkennbar.
Nicht zu allen genannten Dimensionen liegen empirische Daten vor. Anhand der vorhandenen Daten lässt sich jedoch das folgende Bild zeichnen:
In der Regel werden in der Türkei von Ausländern keine türkischen Sprachkenntnisse erwartet. Höflichkeit und Respekt werden sehr ernst genommen. Gutes Zuhören ist wichtig, insbesondere weil Offenheit und direkte Konfrontation eher weniger ausgeprägt sind: ein „Nein“ wird meist nicht ausgesprochen. Eine Ablehnung sollte mit Bedauern und Begründung erläutert werden. Die Einhaltung dieser Grundregeln ermöglicht eine professionelle Kommunikation bei gleichzeitig freundlicher und herzlicher Gesprächsatmosphäre.
Türkisch gehört zu den ural-altaischen Sprachen und innerhalb dieser Sprachen zu den Turksprachen. Im Laufe der Geschichte wurde das Türkische stark durch das Arabische, Persische, Neugriechische, Lateinische, Italienische und im technischen Bereich auch durch das Französische beeinflusst.
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Naturgemäß sind Fremdsprachenkenntnisse in Städten ausgeprägter als in ländlichen Regionen und auch bei der Jugend stärker vorhanden als bei den Älteren. An erster Position stehen Englisch gefolgt von Deutsch. Weitere Fremdsprachenkenntnisse wie Französisch und Italienisch sind kaum ausgeprägt.
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Auch wenn es im Bereich der Körpersprache und Gesten viele Übereinstimmungen mit Deutschland gibt, ist der Alltag doch auch von einer Reihe wichtiger Unterschiede geprägt. Die Unterschiede zeigen sich u.a. auch hinsichtlich der Kleiderordnung, Grußformeln oder Tabu-Themen.
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Der türkische Business Knigge unterscheidet sich aufgrund der kulturellen Unterschiede vom deutschen Business Knigge. Oberste Regel ist ein ruhiger, respektvoller Umgang. Als Anwalt in Nürnberg beraten wir Sie hierzu gerne.
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Die Mehrheit der Bevölkerung innerhalb der Türkei bekennt sich zum sunnitischen Islam. Die Republik Türkei ist das einzige Land auf der Welt, das mit einer solchen Mehrheit der muslimischen Gläubigen dennoch strikt laizistisch aufgebaut ist. Die strenge Trennung von Glauben und Staat sind tief in der Verfassung verankert. Auch das Geschäftsleben ist in der Türkei weit weniger durch die Religion beeinflusst als in anderen islamischen Ländern.
Im Alltag ist der Islam durch das fünfmalige Gebet des Muezzins präsent. Das dahinter stehende vorgeschriebene tägliche fünfmalige Gebet wird in der westlichen Region von wenigen Gläubigen eingehalten. Am stärksten wird der Islam während des Ramadan wahrgenommen, wenn viele Gläubige fasten und auf Alkohol und Rauchen verzichten.
Islamische Vorschriften für das Geschäftsleben, wie z. B. das Zinsverbot sind in der Türkei nicht geläufig. Auch ist der Anteil der Menschen, die während der Arbeit auf die Einhaltung des fünfmaligen Gebets bestehen, vergleichsweise niedrig. Nicht zuletzt deshalb, weil im Islam die Verrichtung der Arbeit als Gottesdienst angesehen wird. Lediglich im Fastenmonat des Ramadan ist eine deutlichere Auswirkung der Religion auf das Geschäftsleben erkennbar: Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Menschen werden beeinträchtigt, was sich auf die wirtschaftliche Produktivität auswirkt. Der Verkehr entwickelt sich durch die Gereiztheit der Fastenden zu Stoßzeiten zu einem tatsächlichen Hindernis.
Der Hamam (türkisches Bad) ist in der Türkei ein wichtiger Bestandteil der islamischen Badekultur. Aberglaube beispielsweise in Form des schützenden Auges (nazar boncuğu) oder dem Glauben an bestimmte Regeln („wenn nachts die Hunde heulen, wird einer sterben“) sind geläufig. Das erste Geschäft des Tages (siftah) bedeutet den Händlern viel und findet daher zu einem sehr günstigen Preis statt. Häufig bittet der Händler, das Geld auf den Boden zu werfen
Die Gleichstellung der Rechte von Frau und Mann sind in der türkischen Verfassung verankert. Seit 1934 gilt das allgemeine Wahlrecht auch für Frauen. Lange bevor in Deutschland mit Angela Merkel eine Frau zur Kanzlerin gewählt wurde, trat Frau Tansu Çiller 1993 das Amt der Ministerpräsidentin an. Damit war die Türkei eines von nur zehn Ländern weltweit, das überhaupt eine Frau an der Spitze hatte.
Letzte Ungereimtheiten im Zivilgesetzbuch bzw. im Familienrecht, die den Mann bevorteilten, wurden mit der letzten Reform im Jahr 2003 beseitigt. Das gesellschaftliche Leben ist jedoch durch enorme Unterschiede zwischen West und Ost, Stadt und Land bzw. Jung und Alt geprägt.
Die Entwicklung findet allerdings widersprüchlich statt: teilweise wird die Türkei immer westlicher und moderner, andererseits bekennen sich immer mehr Frauen zu einem strengen Islam und tragen Kopftuch oder bedecken sich noch umfangreicher. Gesetze verbieten das Tragen des Kopftuches bei einer Tätigkeit in öffentlichen Ämtern. Im Geschäftsleben sind Frauen in allen Schichten anzutreffen, beispielsweise sind in der Türkei mehr Rechtsanwältinnen als Rechtsanwälte zugelassen.
In der Türkei ist hinsichtlich der Rolle von Frauen innerhalb der Wirtschaft ein deutliches West-Ost-Gefälle vorhanden. Im Westen des Landes, besonders in Istanbul, sind zahlreiche Frauen als Journalistinnen, Rechtsanwältinnen, Ärztinnen oder in der Lehre tätig. Dennoch gilt auch hier, dass die Machtpositionen – wie in fast allen Ländern der Welt – weiter fest in Männerhand sind: 90 Prozent der Führungskräfte (in der Privatwirtschaft sogar 98 Prozent) werden von Männern besetzt.